Archiv ostdeutsche Formgestalter
Viele bedeutende Formgestalter aus der ehemaligen DDR sind bereits älter. Ihr wertvolles Wissen und ihre persönlichen Einblicke in die ostdeutschen Designprozesse drohen verloren zu gehen. Das Gleiche gilt für zahlreiche private Archive, die in ihrem Erhalt gefährdet sind.
Da das Haus der Geschichte bisher kein Interesse zeigte, ostdeutsche Nachlässe, Objekt-Bestände und Archive von Gestaltern aufzunehmen, gehen derzeit wertvolle Bestände des DDR-Designs für die Sammlung verloren.
Die Stiftung Industrie- und Alltagskultur rief deshalb 2007 das Projekt „Archiv ostdeutsche Formgestalter“ ins Leben. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, bestehende Archive zu retten und das Wissen der Formgestalter zu dokumentieren.
Die Stiftung will die ostdeutsche Designgeschichte zunächst unter biografischen Aspekten erfassen, dokumentieren und darstellen. Damit werden die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenhänge beleuchtet, die die Formgestaltung in der SBZ/DDR prägten. Gegenständliche Artefakte, Nachlässe und Archivalien möchte die Stiftung langfristig sichern und zugänglich machen, angedacht sind hierfür Kooperationen mit weiteren Partnern sowie die Vernetzung mit verschiedenen Institutionen.
Mit dem Projekt erfüllt die Stiftung Industrie- und Alltagskultur ihren Stiftungszweck, „industrie- und alltagskulturelle Prozesse für die öffentliche Meinungsbildung zu erschließen und in ihren humanisierenden Wirkungen zu fördern.“
Im Rahmen des Projekts führten die Gruppe anschlaege.de und die Design-Journalistin Hanna Bauhoff im Auftrag der Stiftung im Jahr 2010 Videointerviews mit acht Formgestaltern aus der ehemaligen DDR durch: Lutz Gelbert, Erich John, Rudolf Horn, Clauss Dietel, Manfred Schindler, Axel Bertram, Christa Petroff-Bohne und Peter Rossa. Die Videointerviews wurden durch die Stiftung finanziell gefördert und durch die Sammlung Industrielle Gestaltung Berlin im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn unterstützt.
Gab es im Design der DDR praktische und theoretische Ansätze, die sich von denen in der Bundesrepublik unterscheiden? Wo lagen die Möglichkeiten und Grenzen für die Gestalter und für die zu gestaltenden Projekte? Welchen Wert haben die Erfahrungen der Gestalter für gegenwärtige Designprozesse? Diesen Fragen gingen die Interviews nach.
Im Jahr 2011 führte die Journalistin Christiane Hög zwei weitere Interviews mit Designern durch, die als Text-, Audio- und Videodateien dokumentiert werden sollen. Sie befragt Prof. Erwin Andrä (den ehemaligen Rektor der Burg Giebichenstein – Hochschule für industrielle Formgestaltung Halle) und Winfried Klemmt, Chefdesigner des VEB Werkzeugmaschinenkombinat „7. Oktober“ in Berlin.
In den kommenden Jahren sollen weitere Projekte folgen. Angedacht ist insbesondere eine Kooperation mit Hochschulen und Universitäten, z.B. in Form von Studentenprojekten oder geförderten Abschlussarbeiten.
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Karl Clauss Dietel im Depot während des Interviews, Foto: Hannah Bauhoff, emilfutur, 2010